glitchbookstore

Glitch – (nicht nur) Münchens neuer queerfeministischer Buchladen

Kathi | 17.04.24

Seit einigen Monaten kann München mit etwas ganz besonderem glänzen. Der queer-feministische Buchladen Glitch hat seine Pforten geöffnet – und will mehr sein als einfach nur ein Ort zum Bücherkaufen! Unsere Redakteurin Kathi hat für uns hinter die Kulissen geschaut.

Zwischen einer Bäckerei und einem Bagel-Shop versteckt sich in der Barerstraße ein unauffälliger kleiner Laden. An der Tür sind etliche Hinweisschilder: Events, Öffnungszeiten und ein Schild mit einer Botschaft an alle Menschen mit rassistischem, queerfeindlichen, ableistischen oder frauenfeindlichen Weltbild: Ihr seid hier nicht willkommen!


Der Name des Ladens: Glitch. Und genau das ist hier Programm. Die Betreiber*innen von Glitch wollen anders sein, anecken und anregen. Das spüre ich bei meinem Besuch sofort. Anders als bei anderen Buchläden ist hier der Vibe mehr lässiges Wohnzimmer als steriler Einzelhandel. Überall gibt es gemütliche Sitzgelegenheiten, Teppiche und Kunst. Dazu können sich alle gegen Spende Kaffee, Tee oder Softdrinks genehmigen. Hinten im Eck ist ein großer Tisch: zum Arbeiten oder um mit Freund*innen das nächste Buch zu besprechen. Glitch kann übrigens auch von jeder*jedem für Veranstaltungen oder Treffen gemietet werden, solange diese mit den queerfeministischen Anliegen des Kollektivs übereinstimmen. 


Selbst die Bücherregale sind ganz anders als bei Hugendubel und Co. In der Mitte steht ein runder Tisch mit Büchern zu einem bestimmten Thema, das monatlich im Fokus steht. Bei meinem Besuch war das der Black History Month, das heißt, es gab eine größere Auswahl an Literatur zur Schwarzen Geschichte, zu Schwarzen Persönlichkeiten oder von Schwarzen Autor*innen. Daneben ist ein Regal, das als Büchertauschbörse fungiert. Hast du ein altes Buch daheim? Bring es mit und nimm dir dafür ein anderes aus diesem Regal! Danach reiht sich Bestseller-Literatur an Lyrik und Poesie bis zu Sachbüchern zu queerfeministischen bzw. links-grünen Themen, wie Umweltschutz und den Auswirkungen des Patriarchats. Für englischsprachige Leser*innen bietet der Laden ebenfalls eine Auswahl an queerfeministischen Büchern. Für Kinder gibt es Comics, Romane und Sachbücher, die vor allem eines zeigen: wie bunt und vielfältig unsere Welt ist! Kannst du dich mal nicht entscheiden, hilft eine Büchermaschine; wer eine Münze einwirft, erhält eine Kugel mit einem Buchtitel. Im Anschluss kannst du dann natürlich selbst entscheiden, ob du das Buch kaufen möchtest.

Zwischen den Regalen findet sich Handwerkskunst, Schmuck oder Papeterie von unabhängigen kleinen Künstler*innen um und aus München. Am Tresen gibt es kostenlose Sticker und Postkarten und queerfeministische Magazine wie bspw. das Missy Magazine liegen überall zum Durchblättern bereit. Gibt es mal ein Buch nicht, kann es direkt bestellt werden, solange es Literatur ist, die ungefähr mit den Werten von Glitch übereinstimmt, also weder homophob, frauenfeindlich, rassistisch, ableistisch oder Ähnliches ist. Generell wird im Kollektiv bestimmt, welche Bücher in den Laden kommen. Doch wer oder was steckt jetzt eigentlich hinter dem Glitch Kollektiv? 


Dazu müssen wir erstmal etwas in der Zeit zurückreisen. Vor über 40 Jahren öffnete in den Räumen von Glitch der erste Frauenbuchladen (West-) Deutschlands: Lillemors. Dieser entwickelte sich bald zu einem Nachbarschaftstreffpunkt und zu einem Ort der Münchner Frauenbewegung. Im Sommer 2023 sollte Lillemors schließen. Wieder mal ein Inhaber*innen-geführter Buchladen weniger in München und noch dazu einer mit feministischer Agenda. Das wollten die Gründer*innen des Glitch-Kollektivs Stine, Johanna, Nadine und Sebastian nicht einfach hinnehmen. Schnell war die Idee einer queer-feministischen Buchhandlung ohne Konsumzwang geboren.


Die Nähe zur Barerstrasse besteht für die Gründer*innen nicht nur mental, sondern auch physisch. Sie arbeiten an der Ludwig-Maximilians-Universität, nur wenige Minuten zu Fuß entfernt. So animierten sie Kolleg*innen, Freund*innen und interessierte Bekannte, an diesem Projekt mitzuwirken. Heute steht ein rund 30-köpfiges Team hinter Glitch. In verschiedenen Arbeitsgruppen kümmern sie sich um die einzelnen Tasks, wie Social-Media, Events, Bücherauswahl oder Awareness. Die Treffen finden alle zwei Wochen statt und auch das Plenum tagt alle zwei Wochen. Dort wird alles besprochen, was bei den einzelnen Gruppen so Wichtiges los ist – ganz basisdemokratisch. Im Laden selbst arbeiten die Personen aus dem Kollektiv ehrenamtlich in ihrer Freizeit. Dank flexibler Arbeitszeiten ist es möglich, dass Glitch Dienstags bis Samstags von 11 bis 19 Uhr geöffnet hat. 


Die regelmäßigen Veranstaltungen zu den verschiedensten queer-feministischen Themen sowie die gemütliche WG-Wohnzimmer Atmosphäre sollen dazu dienen, queer-feministische Politik ohne Hemmschwellen leicht zugänglich zu machen. Denn – so findet zumindest Johanna von Glitch – in München gibt es diese Möglichkeit kaum. In der Barerstrasse aber sollen alle, auch ohne politisches Vorwissen, Queer-Feminismus kennenlernen und sich über Themen abseits der Heteronormativität informieren können. 

Für die Zukunft erhoffen sich die Mitglieder des Glitch-Teams, dass ihre Idee weiter besteht, wächst und weitergetragen wird. Außerdem wollen sie eine feste Institution in Schwabing sein. Nicht nur ein Buchladen, sondern ein Treff für alle von allen mit der Möglichkeit Bücher zu kaufen, die heteronormatives, binäres Denken in Frage stellen. 

Der Glitch Bookstore befindet sich in der Barerstr. 70 in München und ist immer von Dienstag bis Samstag von 11 bis 19 Uhr für euch da! Mehr Infos gibt es hier.


Danke an das Glitch-Team für den Einblick hinter die Kulissen! 


Share by: