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Den Amerikanern steht am 03. November die Entscheidung offen, für was für eine Gesellschaft sie sich entscheiden wollen: Entweder eine tiefgreifende Radikalisierung durch die Stimme für Donald Trump oder wie Joe Biden verspricht, solle der alte Status quo wiederhergestellt werden. Wer wird dabei mit seiner Politik, Positionen und Partisanen gewinnen?

Zuerst einmal vergleichen wir die politische Agenda der beiden Kandidaten auf ihre wesentlichen Unterschiede:

Thema Donald Trump Joe Biden
Pandemie / Krisenmanagment Corona-Task-Force Kostenlose Corona-Tests
10 Mio. Dollar für Coronavirus-Behandlungen LandesweiteTestzentren und Maskenpflicht
Bekämpfung des Klimawandels Austritt aus Pariser Klimaabkommen spiegelt seine Haltung wider: Keine Umweltschutzvorkehrungen in Planung Wiedereintritt in Pariser Klimaabkommen
USA soll bis 2050 emissionsfrei sein und in grüne Energie investieren
Wirtschaft Senkung der Einkommenssteuer und Steuergutschriften für Unternehmen Erhöhung der Steuern für Besserverdienende und eine Anhebung des bundesstaatlichen Mindestlohns auf 15$/Stunde
Gesundheitswesen Gescheiterter Versuch Obamacare bzw. Affordable Care Act (ACA) aufzuheben; ein Gesetz durch das die Verweigerung des Versicherungsschutzes für Menschen mit Vorerkrankungen illegal gemacht wurde Erweiterung der Obamacare Pläne, außerdem soll das Alter für die Inanspruchnahme von Medicare (medizinische Leistungen für ältere Menschen) auf 60 Jahre gesenkt werden und eine öffentliche Krankenversicherung etabliert werden
Außenpolitik Investitionen in das Militär, gleichzeitig aber Verringerung der Truppenstärke im Ausland Ziel, internationale Kooperationen und Verträge wiederherzustellen
Weiterhin werden internationale Abkommen oder Handelsbeziehungen in Frage gestellt werden Zölle gegenüber anderen Staaten (China, Kuba, etc.) sollen abgeschafft werden
Polizeibehörde Verfechter der „harten“ Strafverfolgung
Systematischer Rassismus in der Polizei wird negiert, dennoch Versprechen für Zuschüsse „verbesserter“ bisher aber undefinierter Praktiken Bekämpfung von ethnischen Unterschieden im Justizsystem durch Zuschüsse für Staaten zur Senkung von Inhaftierungszahlen, Entlastung und Abschaffung einzelner Polizeistränge wird jedoch abgelehnt
Waffen Selbst nach Massenerschießungen im Jahr 2019, keine Maßnahmen durchgesetzt zur Verschärfung des Second Amendment Universelle Zulässigkeitsüberprüfungen bei dem Verkauf von Waffen
Außerdem ein Verbot von Angriffswaffen und die Förderung der Forschung zur Verhinderung von Waffengewalt
Vor allem in der Außenpolitik hat die Kompetenz von Präsident Trump bei Sachverhalten wie dem Pariser Klimaabkommen oder dem Abkommen mit dem Iran ihre Grenzen erreicht. Auch seine Position gegenüber der WHO, zeugt davon, dass komplexe und interdependente Verflechtungen sein Verständnis übersteigen, sodass die erste Reaktion ein Austritt und Ignoranz ist. Die fehlende politische Erfahrung und der persönliche Wahnsinn dieses Präsidenten könnten verheerende Folgen für die nächste Legislaturperiode bedeuten und die Position der USA als Hegemon in der Weltordnung klar bedrohen.
Zusammenfassend möchte Joe Biden all die politischen Maßnahmen von Trump rückgängig machen und die gewohnte liberal, konservative Politik der Vergangenheit wieder aufnehmen.
Für die Wahl eines Präsidenten mag die inhaltliche Position der beiden Kandidaten für Politikinteressierte entscheidend sein, doch in den USA ist vor allem der Personenkult entscheidend – also, was die Kandidaten verkörpern und wer sich mit ihnen identifizieren kann.

Die Wählerschaft der Kapitalisten


 Wie bereits herausskizziert wurde, fehlen Donald Trump die Antworten zur Bewältigung einiger Krisen in den USA: Wirtschaft, Pandemie und Gesellschaft. Lange Zeit herrschte ein gesellschaftlicher Konsens über politische Spielregeln. Doch BLM-Protestbewegungen sowie die der Rechtskonservativen stellen die Legitimation des politischen Systems in den USA in Frage. Der Präsident hält dabei nicht die Waagschale, sondern gießt weiter Öl ins Feuer. Davon profitiert Joe Biden insofern, dass er von der Finanz und Technologiebranche mit 50 Millionen Dollar weit mehr finanzielle Unterstützung erhält, da sie in ihm mittlerweile mehr Potenzial in der Interessenvertretung sehen. Außerdem müssen Unternehmen bei Joe Biden als Präsident keine Angst vor Steuererhöhungen haben, denn er gehört ja schließlich zum Establishment und ist auf Finanzspritzen aus der Wirtschaft angewiesen. 

Die zerstreute Arbeiterklasse


Auf der einen Seite befinden sich die black voters, POC und Hispanics, die bisher noch in ihrem politischen Findungsprozess stehen. Viele davon haben 2016 auch Trump gewählt. Doch die gute Mobilisierung durch BLM hat dazu geführt, dass die pluralistische Linke neue Fahrt gewonnen hat. Leider fehlt die Koordination zwischen den einzelnen Bewegungen. Die Demokratische Partei stützt nicht die revolutionären Veränderungsversuche; Eher tendiert sie dazu die Probleme zwar wenigstens anzuerkennen, ist jedoch in alten Machtstrukturen zu sehr verwickelt, um strukturelle Veränderungen voranzutreiben. Diese fehlende politische Kohärenz zeigt sich vor allem bei den Democratic Socialists of America, die mit nur 70.000 Mitgliedern leider daran scheitert, die einzelnen Visionen zusammenzubringen.
Auf der anderen Seite zählt zu den Trump-Anhängern die einfache weiße Arbeiterklasse, die sich mehr und mehr aus faschistischen Rechten zusammensetzt. Das Gefährliche an dieser Bewegung ist, dass sie sich inhaltlich sehr einig ist, sich gut organisiert und vereint hinter einem rassistischen Präsidenten an der Spitze stehen. Dadurch entsteht das Bild, als Bewegung bis in den Staatsapparat Einfluss ausüben zu können. Zusammen mit einer Ideologisierung und Mobilisierung auf YouTube, in diversen alternativen Medien, in Polizeigewerkschaften, aber auch in zivilen Zusammenschlüssen wie in Männervereinen kann dies eine enorme Wirkung auf Wähler*innen und eine immense Gefahr für die Demokratie bedeuten. Der große Feind: Kommunismus in der demokratischen Partei. 

Die antidemokratische Ideologie

Mit einer Ideologie, die auf Verschwörungstheorien basiert, zielt Trumps Rhetorik auf die Delegitimation bestehender staatlicher Ordnung und demokratischer Prinzipien ab. Die Weltanschauung seiner Anhängerschaft basiert quasi darauf, dass antidemokratische Mittel gutzuheißen sind. Ein Beispiel hierfür ist der Umgang mit Briefwahlen. Schon seit Monaten wird immer wieder behauptet, dass die Briefwahl im Postamt von Demokraten manipuliert werden würde und von Kommunisten unterwandert sei. Da der Großteil der Briefwähler erfahrungsgemäß Demokraten ist, hilft diese Verschwörungstheorie Trump dabei, diesen Wahlvorgang anzufechten. Hierfür mobilisiert er bereits 50.000 sogenannte Wahlbeobachter*innen, die sich aus Polizistinnen, Organisationen und faschistischen Milizen, wie den Proud-Boys, die Widerstand gegen die Staatsgewalt garantieren, zusammensetzt und in seinem Namen für „Law and Order" sorgen sollen.

Die Szenarien der Eskalation

Schon 2016 hat Trump im TV-Duell gegen Hillary Clinton angekündigt, sein Amt nicht mehr niederlegen zu wollen. In einer Demokratie sind bestimmte Verhaltensweisen in politischen Prozessen wie der Wiederwahl oder im Parlament internalisiert. Jedoch bricht dieses System gerade zusammen, da der Präsident sich weigert, diese Werte und Regeln zu beachten.
Außerdem gibt es einige Lücken in der Verfassung, die hierfür ausgenutzt werden können. Ein Mechanismus wird auf jeden Fall die Anfechtung der Briefwahl sein. Hierfür kann Präsident Trump die 6 Wochen nach der Wahl am 03. November bis zur Vereidigung am 6. Januar nutzen. Eigentlich ist die Zeit für einen fließenden Übergang in eine neue Verwaltung gedacht, wo sämtliche Positionen ausgetauscht werden. Die Verfassung der Vereinigten Staaten sichert jedoch keine friedliche Machtübergabe.
Trump kann zusätzlich diesen Zeitraum dafür nutzen, das Problem mit den Wahlzertifikaten ZU SEINEM Vorteil zu entwickeln. Wie bei der Wahl 2016, als Hillary Clinton die Wahl knapp verlor, obwohl sie die meisten Wähler*innenstimmen erreicht hat, liegt das im Kern an der Rolle der Wahlleute in den USA. Das Mehrheitswahlsystem gibt vor, dass Präsident wird, wer die Hälfte aller Wahlleute (270 von 538) der einzelnen Bundesstaaten für sich ergattern kann. Somit ist es essentiell, die bevölkerungsreichsten Staaten für sich zu entscheiden, da diese die größte Zahl an Wahlleuten stellen dürfen. Diese sogenannten Swing-States sind beispielsweise Pennsylvania, Michigan und Wisconsin, deren politische Führung sehr gespalten ist. Die Mehrheit im Parlament haben die Republikaner, jedoch stellen die Demokraten die Gouverneure. Normalerweise kümmern sich die Gouverneure um die Wahlzertifikate, die alle Namen der gewonnen Wahlmänner mit politische Zugehörigkeit enthalten. Es ist in dieser Wahl vorstellbar, was 1876 bereits geschah: Dass in einzelnen Staaten auch das Parlament eigene Wahlzertifikate abgeben kann. Der Jura Professor Lawrence Douglas schildert in einem Interview dabei ein beunruhigendes Bild:

„Einer der wichtigsten Swing-States ist Pennsylvania. Nehmen Sie an, die Wahl in Pennsylvania ist extrem knapp. Joe Biden gewinnt mit ein paar Stimmen Mehrheit, aber das Trump-Lager ficht das Ergebnis an, weil es irgendwelche Unregelmäßigkeiten gegeben habe. Nun ist es denkbar, dass der Gouverneur von Pennsylvania, ein Demokrat, erklärt, die Wahlmänner gehen an Biden, und einen entsprechenden Brief an den Kongress in Washington, D. C., schickt. Zugleich könnte das Parlament von Pennsylvania, in dem die Republikaner die Mehrheit haben, Donald Trump zum Wahlsieger erklären und ihm bescheinigen, dass er die Wahlmänner sicher hat. In Washington kommen also widersprüchliche Ergebnisse an. […] Hinzu kommt, dass auch der Kongress in Washington, D. C., gespalten ist: Die Republikaner haben die Mehrheit im Senat, die Demokraten im Repräsentantenhaus. Und das könnte im Fall eines sehr knappen Wahlausgangs weitreichende Konsequenzen haben, Konsequenzen, wie wir sie noch nie in der US-amerikanischen Geschichte erlebt haben.“


Eins bleibt sicher: Diese Wahl wird starke Turbulenzen hervorrufen. Die amerikanische Gesellschaft muss sich auf einen neuen gesellschaftlichen Konsens einigen und die politische Ordnung neu legitimieren. Wer wird diese Dinge neu justieren?
Eine Möglichkeit sind außerparlamentarische Protestbewegungen in Form von Generalstreiks. Beispielsweise könnte die pluralistische Linke mit einem Generalstreik wie zum Beispiel die Arbeitsverweigerung von Spieler*innen in der Basketball-Profiliga und andere Formen des Protest ihre Idee von Amerika voranbringen. Dem gegenüber werden aber auch faschistische und gewaltbereite Bewegungen ihren Platz auf der Straße markie
ren. Gestärkt durch Polizei-Gewerkschaften können Massenproteste der BLM, wie in vergangenen Szenarien diesen Jahres, sehr gewaltsam niedergestreckt werden. Angefeuert würden diese wiederum von einem wilden Präsidenten auf Twitter, der bestimmt von „Putsch“-Versuchen und seinem eigenen Wahlsieg sprechen wird.
Hoffentlich endet diese Wahl mit einem klaren Sieg für Joe Biden oder die Mehrheit der Demokraten in beiden Häusern des Kongresses, denn dann bleibt es schwer für Donald Trump
, das Wahlergebnis anzufechten.

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