Wiegehtesdir?

Wie geht es dir?

Anne | 07.11.21

Wie geht es dir? Eine Frage, die ich mir von klein auf an angewöhnt habe, meist nur oberflächlich zu beantworten. Ein kurzes „Ganz gut. Und dir?“ ist nun mal leicht gesagt und dann kann das Gespräch weiter gehen oder man kann mit den eigentlichen Themen beginnen.


Aber warum führe ich nicht aus, wie es mir geht? Für mich hat das vor allem zwei Gründe. Zum einen bin ich mir nicht sicher, ob die andere Person sich in diesem Moment überhaupt wirklich dafür interessiert oder einfach nur höflich sein möchte. Und zum anderen weil ich oft gar nicht genau weiß, wie es mir geht oder wie ich knapp zusammenfassen soll, was gerade in meinem Leben los ist.


Wie geht es mir? Eine Frage, die ich mir selbst früher selten gestellt habe. Eine Frage, die Überwindung kostet und eine ehrliche Auseinandersetzung mit mir selbst verlangt. Kein Beschönigen, kein Zusammenfassen und Überspielen. Eine Frage die herausfordert. Die unbequem sein kann. Aber auch eine Frage, die mich wachsen lässt und voranbringt. Und eine Frage, die ich gelernt habe, mir selbst zu stellen und nicht mit einem einfachen „gut“ beantworten kann.


Denn mir geht es nicht immer gut. Lange dachte ich, dass dieses Eingeständnis Schwäche bedeuten würde. Mich angreifbar macht und nur wenige Leute davon wissen sollten. Doch das Gegenteil war meine Erfahrung als ich im vergangenen Jahr mit ein paar Freund*innen darüber sprach, wie es uns ging. Aber die Frage nicht mit drei Wörtern beantwortet werden sollte, sondern bei einem sehr langen Spaziergang thematisiert wurde. Wir alle beantworteten die Frage anders, als wenn wir sie nur kurz am Anfang gestellt hätten. Und uns allen ging es nicht nur „gut“.



Wir sprachen über physische und psychische Verfassungen, Herausforderungen, Freuden und so viele andere Aspekte unseres Lebens. Wir stellten fest, wie viel man auf diese Frage antworten kann, aber wir aus Gewohnheit selten tun. 

Wie geht es dir? Eine Frage, die ich ehrlicher stellen, aber auch ehrlicher beantworten möchte. Eine Frage, die Raum einnehmen kann und soll. Und nicht nur eine Frage, die ich zum Eröffnen eines Gespräches stelle, um höflich zu sein. Eine Frage, die ich dir stelle und auch mir. Eine Frage, die nicht schnell und positiv beantwortet werden muss und eine Frage, die nachklingen kann.

Also – WIE GEHT ES DIR?

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